Grenzstraße

Mauerfoto: Grenzstraße aus Neukölln

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Im Innenstadtbereich von Berlin führt die Mauer entlang der Straßen. Hier bildet die Heidelberger Straße den Mauerverlauf. Anders als zwischen dem Westteil von Berlin und dem Umland ist der Grenzstreifen hier geographisch bedingt sehr schmal. Aus diesem Grund sind die Abstände zwischen den einzelnen Beobachtungstürmen wesentlich kleiner. Die Häuser im linken Teil des Bildes gehören zum West-Berliner Stadtbezirk Neukölln, die Häuser rechts zum Ost-Berliner Stadtbezirk Treptow.

Fotografiert am:

7.9.1986

Ort:

Heidelberger Straße / Treptower Straße, Neukölln

Geschichten zum Bild

Es muss so 1988 gewesen sein, als ich wie so oft mit dem Fahrrad unterwegs durch Berlin gewesen bin. Auf meinem Weg kam ich an dieser Stelle vorbei. Ich fand es städtebaulich sehr interessant, wie an dieser Stelle die Mauer die Stadthälften zerschnitt und stieg auf den Aussichtsturm, der sich hier befand. Oben stand bereits ein Mädchen, das so etwa 16 Jahre alt gewesen sein muss. Wenige Meter entfernt befand sich im Grenzstreifen ein Wachturm. Aus dem Fenster lehnte ein junger Grenzsoldat und schaute zu der Aussichtsplattform herüber. Nach einiger Zeit merkte ich, dass sich das Mädchen und der Grenzsoldat „unterhielten“. Sie sprachen natürlich nicht miteinander, das war ja auf die Distanz nicht möglich. Aber das Mädchen zeigte dem Grenzer irgendwelche Bilder, die es auf die Plattform mitgenommen hatte. Er schaute sich die Bilder durch sein Fernglas an, nickte herüber und beide lachten. Ich hatte das Gefühl, als ob sich die beiden kannten und das Mädchen wusste, dass der Grenzer zu diesem Zeitpunkt Dienst auf dem Turm hatte. Vielleicht waren beide miteinander verwandt, vielleicht hatten sie sich aber auch auf diese Weise „kennen gelernt“ und angefreundet. Ich habe mich nicht getraut zu fragen, was es mit dieser grenzüberschreitenden Verständigung auf sich hatte.
Ich war 14, also die Mauer errichtet wurde. Bin am Herzbergplatz zur Grundschule gegangen. Der Straßenabschnitt auf dem Bilderinnert mich daran, dass eine meiner Klassenkameradinnen am nächsten Tag nicht mehr zur Schule kam. Sie wohnte im rechten Teil der durch die Mauer getrennten Straße. Wir sind dann jeden Tag fassungslos dort hingegangen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich (Jahrgang 1947) noch erlebe, dass die Mauer wieder verschwindet.
Am 25.08.1957 gegen 13.00 Uhr bin ich als 15 Jähriger von der Elsenstraße kommend in die Heidelberger Straße auf meiner Flucht aus der DDR eingebogen. Die gerade vorbei kommende Grenzpolizei hat mich kurz angehalten. Ich habe eine Nr. in der Heidelberger Straße genannt und durfte weiter gehen. Als die Streife in die Elsenstraße abgebogen war, habe ich einfach die Straßenseite in der Heidelberger Straße gewchselt und war damit im Westen. Danach bin ich dann weiter gerannt zum S-Bahnhhof Sonnenallee, wo ich meine Schwester abgeholt habe, um dann zu meiner Tante in Neukölln in der Donaustraße zu laufen. Jedes Mal, wenn ich in Berlin bin, besuche ich diese Stelle und denke an meine Not damals.
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