Spanische Reiter in Deutschland

Mauerfoto: Spanische Reiter in Deutschland aus Wilhelmsruh

Zum Bild:

Die durch die Mauer zerschnittene Kopenhagener Straße dient den Grenzpolizisten als Zufahrtsstraße, um in den Todesstreifen zu gelangen. Damit diese Zufahrt jedoch nicht "Fluchtwillige" nutzen, wird ein Durchbrechen mit dem Auto durch Panzersperren im Verlauf der Kopenhagener Straße verhindert. Links im Bild: ein Wachturm an dieser offensichtlich "unsicheren" Stelle.

Fotografiert am:

10.6.1984

Ort:

Kopenhagener Straße, Wilhelmsruh

Geschichten zum Bild

Es ist vermutlich unfair das Leben unterschiedlicher Geschöpfe gegeneinander aufzuwiegen. Trotzdem: nach dem ich die „anrührende“ Geschichte des Mauerhundes zum ersten Mal hörte, wusste ich nicht ob ich lachen oder weinen soll – das nennt man wohl Zynismus. „Pinky“ – den Namen erhielt das Tier von der Westberliner Polizei, die sich bei der Namensgebung für den herrenlosen Hund durch Pink Floyd und deren Werk „The Wall“ inspirieren ließ – ist ein Cockerspaniel, ca. 1 Jahr alt und gerät im Februar 1985 an der Kopenhagener Straße in Reinickendorf zwischen die alte und neue Mauer. Er ist gefangen in einem 20 bis 60 cm Spalt aus Mauerteilen, der durch Um- und Ausbau Derselben entstanden war. Das Tier droht zu erfrieren und zu verhungern. Gegen das Verhungern macht sich die Westberliner Bevölkerung auf den Weg zur Kopenhagener Straße und bringt Pinky Futter. Gegen das Erfrieren hilft nur die Bergung. Die Mauer ist der Hoheits- und Machtbereich der DDR und derer „Organe“. So punkten die Organe, in dem Sie das Tier retten: Der Versuch das Tier aus dem Spalt in die Freiheit zu locken misslingt, so wird ein Kranwagen herbeigeschafft und ein Grenzsoldat wird mit dessen Hilfe zum Eingesperrten heruntergelassen. Die ganze Rettungsaktion dauert 8 Stunden und gönnt dem Klassenkampf eine kurze Verschnaufpause. Der ostdeutsche Hunderetter-Grenzsoldat wird bei seinen Bemühungen das Tier einzufangen durch die Westberliner Polizei unterstützt, in dem sie ihm und damit dem Hund heimleuchtet. Als das Tier dann endlich geborgen ist, wendet sich die das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten an den Berliner Senat und teilt mit, dass sich der Besitzer des Cockerspaniels telefonisch in der Hauptabteilung für konsularische Angelegenheiten melden möge. Ob sich der Besitzer dann tatsächlich gemeldet hat oder – wie die Zeitungen damals mutmaßten – aus Angst, für die Rettungsaktion zur Kasse gebeten zu werden, sich niemand meldete, entzieht sich meiner Kenntnis. Das Tier wurde jedenfalls gerettet. Wie viele Menschen sind im Mauerstreifen angeschossen verblutet und gestorben?
13 Jahre nach dieser Aufnahme bin ich als Westdeutscher nach Wilhelmsruh gezogen und habe diese Stelle auf dem Weg zur S-Bahn fast täglich passiert. Selbst so lange nach Öffnung der Mauer mußte ich oft daran denken, wie das Leben wohl vorher dort war. Bewohner die diesen Stadtteil von vor der Wende her kannten, waren eigentlich in der Mehrzahl nicht sehr begeistert über die Öffnung der Mauer. Früher war es wohl ruhiger!? Ich jedenfalls fand es immer noch unglaublich, dort einfach die ehemalige Grenze einfach so passieren zu können und mußte auch oft an die Zeit vorher denken. Ich bin im hessisch-thüringer Grenzgebiet aufgewachsen und hätte nie gedacht, dass das einmal möglich ist!
Als 1970 in West-Berlin Geborener bin ich mit der Mauer aufgewachsen. So war sie für mich ein Teil Normalität, wenn auch sehr bedrückend, zumal viele Verwandte in der DDR wohnten und ich oft mit meinen Eltern "rüber" gefahren bin. Die Stelle auf dem Bild passiere ich heute täglich auf meinem Arbeitsweg. Das es mal so kommt, hätte ich mir bis 1989 nie träumen lassen. Zu dem Bild ist noch zu sagen, das sich links hinter dem Betrachter der S-Bahnhof Wilhelmsruh befindet, der aber nur von West-Berlin aus zugänglich war. Den Bewohnern von Wilhelmsruh war der Zugang durch die Mauer versperrt. Heute findet links der Straße an jedem Wochenende ein Flohmarkt auf dem ehemaligen Grenzstreifen statt. Mitten im ehemaligen Grenzstreifen befindet sich heute z.Zt. eine Bushaltestelle.
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