Gewerkschaft hinter Mauern

Mauerfoto: Gewerkschaft hinter Mauern aus SO 36

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An der Kreuzung Leuschnerdamm Ecke Bethaniendamm folgt die Mauer diesem Verlauf. Im Hintergrund sieht man das sich im Ost-Berliner Stadtbezirk Mitte befindende Haus des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes".

Fotografiert am:

26.10.1986

Ort:

Leuschnerdamm / Bethaniendamm, SO 36

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Man konnte in Ostberlin lange Zeit leben, ohne die Mauer direkt zu spüren. Wenn man nicht in unmittelbarer Grenznähe gelebt hat, nahm man die Mauer maximal am Brandenburger Tor, bei obligatorischen Touri-Touren mit der Verwandtschaft wahr – und selbst hier war die Mauer für den Betrachter aus dem Osten sehr weit weg. Ich kann mich noch erinnern, an welcher Stelle mir meine Eltern das erste Mal zeigten, dass da hinten – am Horizont Westberlin sei, ich weiß nicht mehr wie alt ich war und welche Worte sie wählten. Es war bei einer der allwochendlichen Fahrten in den Garten. Die Fahrt führte mit der S-Bahn über den Bahnhof Plänterwald. Stadtauswärts, rechterhand sah man hohe weiße Häuser, viele Häuser – dort war Westberlin. Von der S-Bahn aus wirkte es wie eine aus den Nähten platzende große Stadt, die ein jähes Ende fand. In Richtung Osten erstreckte sich bis an den S-Bahndamm eine Kolonie von Kleingärtner. Viele Jahre später – es muss Mitte der 80iger Jahre gewesen sein, war meine Oma im Krankenhaus. Ich weiß gar nicht, warum sie in dieses Krankenhaus kam, weil sie eigentlich in Marzahn wohnte. Wie dem auch sei ich besuchte sie im Städtischen Krankenhaus Mitte, welches sich in der „Fritz-Heckert-Straße“ befand, dem eigentlichen und heute wieder so heißenden Engeldamm. Das Haus auf dem Foto, ist das Nachbargebäude des Krankenhauses Mitte gewesen. Meine Oma lag in einem Zimmer, der oberen Stockwerke und so war es für mich das erste Mal, dass ich in den Westen schaute und auch Menschen von der anderen Seite gesehen habe. Ich weiß noch, dass mich ein komisches Gefühl beschlich, denn der Anblick, der sich mir bot war sehr fremd: ich sah Tiere, ich glaube es waren Esel dabei, es wirkte auf mich wie die Lagerstatt von Nomaden, Buden, die mit Tüchern und Brettern verhangen waren .Es kann sein das es gar nicht „so schlimm war“ ich weiß auch bis heute nicht ob ich da einen Kinderbauernhof, Rollheimer oder etwas ganz anderes gesehen habe, ich konnte diesen Einblick jedenfalls nicht einordnen. Ich wusste nicht, ob ich das Leben jenseits der Mauer interessant oder bedauernswert finden sollte.
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