Regierende Kranke

Mauerfoto: Regierende Kranke aus

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Unmittelbar am Grenzübergang Invalidenstraße liegt das Regierungskrankenhaus der DDR. Die Sandkrugbrücke über den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal verbindet den West-Berliner Stadtbezirk Tiergarten und den Ost-Berliner Stadtbezirk Mitte. Sie gehört bereits zum Ostteil der Stadt.

Fotografiert am:

29.5.1987

Ort:

Invalidenstraße

Geschichten zum Bild

Bei diesem Foto vom Grenzübergang Invalidenstraße fallen mir zwei Begebenheiten ein, die ich erlebte, als wir zu unseren Verwandten nach Rathstock im Oderbruch fuhren. Wie es halt immer so gang und gebe war, brachten wir ihnen etwas aus dem Westen mit z. B. einen Beutel Apfelsinen oder ein Paket Waschpulver. Bei einem Besuch nahmen uns die Grenzer das Paket Waschpulver ab, öffneten es in einem Kontrollbüdchen auf der unteren Seite und durchstocherten es, um zu sehen, ob wir in dem Pulver etwas versteckt hatten. Im übrigen wurde der Bezintank auch immer mit einem elastischen Stab durchstochert, um zu schauen, ob es etwas Interessantes darin zu finden gab. Bei einem zweiten Besuch kamen wir aus der DDR und waren auf dem Weg nach Hause. Meine Tante hatte uns einen Spankorb mit Johannisbeeren mitgegeben. Als den die Grenzer sahen, mussten wir "nach rechts ran fahren". Dort stand eine große Garage, in der die Autos intensiver durchsucht werden konnten. Sie nahmen also den Korb mit den Beeren, brachten ihn zu einem großen Tisch und schütteten ihn aus. Weiß der Himmel, was sie da vermuteten.
Vom Nov. 1976 bis Mai 1978 diente ich im Grenzregiment 33. Nach einem halben Jahr Ausbildung ging es täglich an den "Kanten", die Grenze nach Westberlin. Während die Grenzübergänge durch andere Einheiten gesichert wurden, standen wir rechts und links davon. So war ich oft auch auf "Humboldhafen", links von der Sandkrugbrücke (direkt an der S-Bahn-Strecke) bzw. auf einem Elfer-Turm (benannt nach dem erschossenen Grenzer Peter Göring, unter Grenzern nur PG genannt), rechts der Brücke. Elf Jahre später, am 14.11.89, wurde ich dienstl. nach Berlin ins Kombinat bestellt, wo die angesetzte Beratung bald platzte. Alle mußten dringend wieder weg!?! Vor dem Gebäude traf man sich wieder an der Bushaltestelle der 78E, die Linie, die direkt zur Sandkrugbrücke fuhr - 5 Tage nach der Wende! An diesem kalten Novembertag wurde ich von Polizisten und Britischen Militärs freundlich mit heißem Tee begrüßt - genau auf der Seite, die ich immer beobachten mußte und wo ich wohl nie dachte, dass ich einmal meinen Fuß darauf setzen werde. Ich konnte es nicht so richtig fassen, einfach über diese Brücke zu laufen! Wofür stand ich hier, wofür sind die Menschen hier gestorben?
Hallo, ES IST DOCH LOGISCH, DASS ES EINEN SCHIESSBEFEHL GAB, ODER WARUM GAB ES SONST DIE SCHÜSSE...!?! Will mal zu dem Gesamtthema kurz folgendes beitragen... Ich bin 1968 in Berlin-Kreuzberg geboren und in Steglitz-Südende aufgewachsen. Im Alter von 14 Jahren besuchte ich anläßlich eines 2.Liga-Spiels von Eisern Union zum ersten Mal alleine den sogenannten Ost-Teil meiner Heimatstadt. Im Folgenden entwickelten sich zahlreiche Kontakte und auch Freundschaften zu den Landsleuten "drüben", d.h. auch, aber nicht nur zu "Ost"-Berlinern, sondern auch zu anderen DDR-Bürgern, von Mecklenburg bis nach Thüringen und Sachsen. Man konnte in den "Wechselstuben" "West"-Berlins für 1 DM etwa 7 DDR-Mark bekommen, was man natürlich auch nutzte..., gut versteckt in den Socken lud man so seine Freunde drüben oft ein, nein, keine Sorge, ich hab dabei NICHT geprotzt und den reichen Macker gespielt, der ich ja auch nicht war. Jedenfalls sei ein Kommentar eines Freundes aus LÄÄÄPZSCHG (Leipzig) noch beispielhaft erwähnt - Als man zusammen gegen 1.50 Uhr nachts am Übergang Friedrichstraße ankam, wohl wissend, daß eben der gute Leo nicht mit der S-Bahn zu mir mit fahren konnte, sagte er (recht laut und auf sächsisch, was ich dann aber mal gleich ins Berlinerische übersetze...): "Och nee, dit is ma zu voll hier, ick komm morjen nochma wieda!!!" Es folgten ungezählte (ZWANGSLÄUFIG EINSEITIGE) Besuche, (viel zu oft ABGEFANGENE Briefe), (nach dem 125mal wählen endlich verbundene) Telefonate usw., bis ich dann 1988 "Einreiseverbot" in die DDR bekam. BEGRÜNDUNG: KEINE, DAUER: UNBEKANNT! Toll...! (Meine Vermutung ist, daß die damals bestehende Fanfreundschaft Hertha/Union mit allen Mitteln behindert werden sollte) Es gab auich Fußballfans aus dem "Westen", die "Transitverbot" hatten oder direkt von der Stasi verhaftet wurden. Was es NICHT gab, waren die Begriffe "Ossi" und "Wessi" im späteren Sinne! Denn damals waren "Ossis" noch Ostfriesen oder Osnabrücker und "Wessis" nur Bürger der BRD, jenseits der Elbe, aber keine Berliner. Und DDR-Bürger hießen allenfalls liebevoll "Zonis". Jenen og. "Wessis", sowie auch meinen "Ösis" und sonstigen "Touris" zeigte ich oft nachts die Maueranlagen u.a. in Frohnau oben, mit der schummrigen Beleuchtung, dem Hecheln der Wachhunde und Waldspaziergang inklusive oder Raritäten, wie Steinstücken, die abgedunkelten, leeren U-Bahnhöfe usw. Mancheinen schien das doch sehr zu verwirren, so meinte doch ein Rheinländer auf einem Hügel in Staaken mit dem abendlichen Blick über die Mauer weg zu mir: "Seit wann geht denn die Sonne im Osten unter?" Nun ja..., an jenem Tag, wo die meisten Menschen noch genau wissen wo sie, bei wem und warum waren, lag ich zunächst mit meinem Kater Gismo friedlich auf dem Sofaund sah in den 19.00 Uhr-Nachrichten jene Pressekonferenz des Schabowsky. Ich dachte mir noch, nun ja, alles schön und gut, aber die Mauer steht ja trotzdem noch... Doch dann kam das Heutejournal oder auch die Tagesthemen, ich weißesnicht mehr und dort stand ein Reporter an der Bernauer und meinte nur, dort stünden etwa eine Handvoll bis ein Dutzend Berliner und würden auf den ersten Trabbi warten... ES MACHTE: HUCH!!! Ich also rein ins Auto, ab zum Brandenburger Tor und -ich schwöre-ich kanns nur nicht beweisen- ich war in DIESER Nacht, der ERSTE, der DORT auf der Mauer druff stand, in beiden Händen einen schwarz-rot-goldenenen Schal, Marke, selbstgewebt und an beiden Enden bis zum Boden hängend..., Dort wurde ich dann von der "West"-Polizei (2 Mann anwesend) aufgefordert, doch dieses an dieser Stelle nur etwa 2 Meter hohe, aber 1 Meter oder mehr tiefe, Gebilde zu verlassen, "man könne nicht für meine Sicherheit garantieren"..., nun mir war mein Leben schon damals egal und ich genoß noch ein wenig die Aussicht. Etwa 50-60 Anwesende applaudierten mir, warum wissen die Götter..., damals hieß ich noch Müller, trug ein T-Hemd "Ich war eine Flasche" und nun bin ich eine Dose, aber ich schweife ab... Von dort aus bin ich dann zur Invalidenstraße, wo doch schon etwa 3-500 "West"-Bürger waren, davon geschätzt ein Drittel auf dem ersten Teil des Überganges, bereits mit den drei Wachhabenden der DDR am verhandeln, wer denn nun die Mütze bekommt und was sie dafür haben wollen usw. Aufgrund einiger Schikanen, die natürlich auch "West"-Bürger erlitten (Besucherstellen, Visa, Einreiseverbote usw.) erklang bald der Ruf "WIR WOLLEN REIN!!!, nein man wollte nicht in die DDR auswandern, man wollte einfach nur rüber, in EINER Stadt, EINER Straße, den Ortsteil wechseln. Und irgendwann sagte jemand neben mir zu mir: "Komm, wir stürmen das Ding jetzt, die drei Mann halten uns nicht auf". Kurzer Blick nach rechts und links und tatsächlich stürmten die ertstbesten 20 - 30 Normalbürger aus dem "Westen" diesen Übergang von der (auch geografisch gesehen) Westseite aus, der Rest spazierte hinterher. Die sich in Zweierreihen ordentlich und brav angestellten DDR-Bürger scherten nun seitlich und nach vorne aus und drückten die Schranke auf ihrer Seite nach oben, es war geschafft!!! Nun hing mein Schal auf dem Gepäckträger des ersten Trabbis und die Feier, in diesem Falle ein wahres Volksfest, konnte beginnen und meine Buchte zu hause lief über! Nur zum pennen kam man nicht mehr!!! Liebe Grüße, Ralf
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