Grenzchaussee

Mauerfoto: Grenzchaussee aus

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Im Verlauf der Chausseestraße befindet sich ein Grenzübergang zwischen den Stadtbezirken Mitte im Ostteil und Wedding im Westteil der Stadt. Ein geradliniges Passieren der Übergänge ist nicht möglich. Durch verschiedene Absperrungen lässt sich der Grenzübergang nur in Schlangenlinien und mit sehr langsamer Geschwindigkeit durchfahren.

Fotografiert am:

29.5.1987

Ort:

Chausseestraße

Geschichten zum Bild

Einen alten Schulfreund, G., meines Vaters aus Schlesien hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg nach Blankenburg (nord-östlich von Berlin) verschlagen. Als er endlich Rentner geworden war, erlaubten ihm die DDR-Behörden Reisen in das NSW (Nicht-Sozialistisches Wirtschaftsgebiet), zu dem natürlich auch West-Berlin gehörte. Bis zu seinem Rentenalter wurde seine Arbeitskraft in der DDR gebraucht und er durfte aus Angst „Republikflucht“ zu begehen nicht in den Westen. Als Rentner jedenfalls besuchte er uns dann des Öfteren. Sein Sohn brachte ihn dann an einem Sonnabendvormittag mit dem Auto (erst Trabi später dann Wartburg) bis zum Grenzübergang Chausseestraße. Dort verabschiedete sich G. von seinem Sohn, passierte die Kontrollen zu Fuß und wurde auf westlicher Seite von uns abgeholt. Und abends geschah dann das Gleiche in umgekehrter Richtung. Das war schon jedes Mal ein total beschissenes Gefühl, wenn man sich voneinander verabschiedete. Obwohl man sich ja eigentlich besuchen konnte (wenn auch mit viel Nerverei), war es doch jedes Mal, als ob man sich das allerletzte Mal gesehen hätte. Und genauso traurig war es, wenn man wusste, dass auf der anderen Seite der Sohn von G. stand, den man gerne mal wieder gesehen hätte. Es war schon pervers, dass obwohl er nur 50 Meter entfernt am Auto wartete, er doch in einer unendlich entfernten völlig anderen Welt lebte (und doch deutsch sprach...).
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