In den Brunnen gefallen

Mauerfoto: In den Brunnen gefallen aus

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Von einer Aussichtsplattform an der Bernauer Ecke Brunnenstraße im West-Berliner Stadtbezirk Wedding bietet sich ein guter Blick über den Grenzstreifen die Brunnenstraße entlang. Im Hintergrund der Fernsehturm am Alexanderplatz im Ostteil der Stadt.

Fotografiert am:

2.6.1987

Ort:

Bernauer Straße / Brunnenstraße

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Ich habe bis zu meinem 10. Lebensjahr in der Egon-Schulz Str., die heutige Strelitzer Str. in Mitte, direkt an der Mauer gewohnt. Sie ist eine Parallelstraße zur Brunnenstraße. Für mich war die Mauer mit ihren Wachtürmen Alltag und als Kind habe ich mir keine Gedanken weiter gemacht, was wohl hinter der Mauer ist. Wenn ich heute in meine alte Wohngegend zurückkehre, was ich öfter mache, kommen die Erinnerungen an damals wieder hoch und es ist schon ein eigenartiges Gefühl, die Strelitzer Str. ohne eine Grenze in den nächsten Bezirk laufen zu sehen. Den Fernsehturm habe ich übrigens aus einer ähnlichen Perspektive von meinen Fenster aus sehen können.
Wenn man sich Berlin mit dem Auto nähert ist der Ost-Fernsehrturm schon weithin sichtbar. Ich habe dann immer das Gefühl endlich wieder nach Hause zu kommen. Der Turm soll ja im Volksmund „Telespargel“ genannt werden – ich frage mich nur auf wessen Volkes Mund da geschaut wurde. Wie dem auch sei, der Fernsehturm diente – wie der Name schon sagt – der Übertragung des Fernsehens und Rundfunks der DDR, welches ich konsumieren musste. Mein Vater war der Meinung (wahrscheinlich als einziger Ossi überhaupt) sich daran zu halten kein Westfernsehen zu gucken. Das hieß, ich sollte es auch nicht tun. Ich stellte ihn öfter zur Rede – wie man als Kind seine Eltern zur Rede stellt. Denn es war für mich nicht einfach, in der Schule nicht mitreden zu können. Natürlich wurde dort das Programm vom Vortag ausgewertet. Ich rede hier von Sendungen wie „Biene Maja“, denn, dass ich die nicht sehen durfte hat mich am meisten getroffen. Heute finde ich diese Entscheidung noch absurder, da es sich um eine Produktion aus dem tschechisch-slowakischen „Bruderland“ handelte. Was mich heute am meisten ärgert, ist nicht so sehr die Tatsache nicht Biene Maja gesehen zu haben und auch nicht mein Vater, der mich nicht gelassen hat, nein was mich ärgert, ist, dass wir als Menschen in einem Staat gelebt haben und uns auf solche „Spielregeln“ eingelassen haben. Was wäre denn passiert, wenn ich Westfernsehen geguckt hätte? Die Stasi hätte uns doch nicht verhaftet und mein Vater hätte selbstverständlich seinen Job behalten. Nein, es war dieser vorauseilende Gehorsam und die Angst anzuecken. Ich rede übrigens über die 70er und 80er Jahre und nicht über die 60er als die Antennen, die groß und nach Westen ausgerichtet waren, noch abmontiert wurden.
In der Bernauerstrasse gabs einmal vor dem Mauerbau ein Lokal "RITAS TANZLOKAL" hiess es,in den mein Freund und ich als 17 Jährige des öfteren waren.Was wurde daraus,und wer war der/die Besitzer,und hat jemand evtl.ein Bild davon.Ich war selbst von Sept.1960-Sept.1961 in Berlin/West,bin aber nach den Mauerbau wieder nach Oesterreich/Wien zurückgekehrt.
Wenn ich diese Bilder sehe laeuft es mir eiskalt ueber den Ruecken und ich fuehle mich in die Zeit zurueckversetzt,als ich damals mit mehreren tausenden Menschen die Staatssicherheitszentrale an der Berliner Normannenstrasse gestuermt habe.Noch heute muss ich weinen das es jemals soweit kommen konnte und so viele unschuldige Menschen fuer den Wunsch frei zu leben,an der Mauer ihr Leben lassen mussten.Ich hoffe diese Zeit kehrt nie wieder zurueck,ob deutsche im Osten oder deutsche im Westen muessen zusammenhalten. Andreas Kriester aus Bochum
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