Grenzanlagen

Mauerfoto: Grenzanlagen aus Frohnau

Zum Bild:

An dieser Stelle wird deutlich, wie sehr der Mauerstreifen die Landschaft zerschneidet. Der Grenzstreifen von vorne nach hinten: hinter dem Metallzaun stehen Panzersperren, die einen Durchbruch mit Kraftfahrzeugen verhindern. Der frisch gepflügte Sandstreifen verrät Fußspuren. Der asphaltierte Kolonnenweg wird von den Grenzsoldaten mit sogenannten Kübelwagen befahren. Der Suchscheinwerfer auf dem Dach des runden Betonwachturms dient der Beleuchtung des Mauerstreifens bei Dunkelheit. Hinter dem Wachturm (im Bild schwer zu erkennen) befindet sich ein mit Strom geladener Zaun. Ein weiterer Metallzaun (am Wald) beschließt den Grenzstreifen.

Fotografiert am:

20.10.1984

Ort:

Lichtungsweg, Frohnau

Geschichten zum Bild

Mein Sohn war 8 Jahre alt, als die Mauer fiel. Wir wohnen am Sigismundkorso, ganz in der Nähe des Lichtungsweges, und sind oft mit Biscuit, unserem Border-Collie, an der Mauer entlang gelaufen. (Nicht ohne Hintergedanken, denn es war zumeist verboten, das Tier ohne Leine laufen zu lassen. Kam ein Polizist auf die Idee, mich deshalb zu verwarnen, gingen wir schnell auf Ost-Gebiet. Da endete seine Macht, wie mehfach widerwillig zugegeben.) Auch auf der S-Bahn-Trasse Richtung Hohen-Neuendorf liefen wir gern Stunden lang und beobachteten die Geländefahrzeuge, in denen die Grenzpolizisten parallel zu uns auf dem Asphaltstreifen entlang fuhren. Aber wieder zum LIchtungsweg zurück: Als die Mauer fiel, ging ich mit Hund, Sohn und gleichaltrigem Freund den Lichtungsweg gerade aus durch das herausgehobene Zaun-Segment. Es lag Schnee (Januar 1999) und wir achteten darauf, in bereits vorhandene Fußtapfen zu treten. Ich glaubte zwar nicht an Minen direkt an der Stadtgrenze, wollte es aber für die Jungs noch dramatischer machen, als es ohnehin schon war. Wir stiegen also wie Störche in die Vertiefungen von Vor-Läufern, passierten den Sand-(=Schnee-)Streifen, rutschten in den Panzergraben, kletterten wieder heraus, passierten ein weiteres Sand/Schneefeld, kamen auf den harten Straßenbelag und passierten auch den im rechten Winkel. Die Fußtapfen hörten auf, wir gingen an den Händen gefasst in den sehr locker beholzten Kiefernhain. Der Hund vorneweg, wir sehr aufmerksam und vorsichtig. Plötzlich war der Freund meines Sohnes weg. Einfach so, nach unten aus meinem Griff gerutscht. Auch ohne Ton, er war viel zu überrascht, um zu schreien. Er war in einem Mannloch, oder wie die Schützenloch ähnlichen Dinger heißen mögen. Da er mit seinen 8 Jahren deutlich kleiner war als derjenige, für den das Loch gebuddelt worden war, war er völlig darin verschwunden und guckte mit in den Nacken gelegtem Kopf ziemlich schockiert zu mir hoch. Das Loch war oberflächlich zugeweht worden und damit unsichtbar wie eine Säbelzahntigerfalle der Urmenschen. Ich muss gestehen, dass ich diesen Anblick so erschütternd komisch fand, dass ich erst einmal gelacht habe. Dann habe ich ihn beruhigt und befreit. Wir sind dann alle mal in das Loch gehüpft und haben unseren Erkundungsausflug dann auch relativ schnell beendet. Auf unseren Spuren sind wir wieder zurück gegangen. Die Jungs bestanden noch öfter auf Expeditionen ins Unbekannte jenseits des Zaunes, die ich gern und ausführlich mit machte. Wir fanden Ruinen (das alte Staatsgut in der Stolper Heide), Störche, Milane, Fasane und Wachteln, Pilze und uralte Milchflaschen, Glasbecher zum Harzsammeln, Unterstände mit Geschirr noch im Erdregal, bald auch Rechtsradikale, die in Schonungen Unterstände errichteten. All das fand im Umkreis von wenigen hundert Metern vom Lichtungsweg statt. (Auf dem Bahndamm haben wir auch Erstaunliches erlebt, wenn ich ein Foto davon finde, schreib ich es dort hin.)
Noch ne Hundegeschichte: Einige Jahre habe ich ganz in der Nähe gewohnt (Graneweg). Und wenn ich abends mit dem Hund entlang der Grenze durch den Wald ging sah ich am Himmel den roten Schein vom Stahlwerk Hennigsdorf. Deutlich war der Klang der rangierenden Eisenbahnwagen zu hören und ich bekam eine Gänsehaut, wenn ich versuchte mir ein Bild von den Menschen zu machen, die dort leben und arbeiten. Heute ist eine Hennigsdorferin meine Kollegin.
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