Mauer vor der Mauer

Mauerfoto: Mauer vor der Mauer aus Lübars

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Vor der Betonmauer befindet sich noch die alte Demarkationslinie aus mit Stacheldraht umwickelten Betonpfeilern. Diese werden am 13. August 1961 in aller Eile errichtet. Erst später wird "in aller Ruhe" die eigentliche Mauer hinter dieser Linie gebaut. Die alten Betonpfeiler sind mittlerweile stark verwittert und vermoost, der Stacheldraht ist verrostet.

Fotografiert am:

7.8.1984

Ort:

Lübars

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Lübars, das ist für mich das Synonym für die völlige Fassungslosigkeit und das Unverständnis, mit dem mich meine aus Westdeutschland stammende Brieffreundin anguckte und gedacht haben muss, die Berliner spinnen total. Lübars gehört zwar zu Berlin, hat aber irgendwie so gar nichts mit Berlin gemein. Da gibt es Felder, da weiden Pferde auf weitläufigen Koppeln und Mähdrescher holen im Herbst die Ernte ein. Lübars ist schlicht und einfach ein Dorf; ein von der Großstadt vergessenes Dorf. Und genauso vergessen sind dort die ersten Grenzbefestigungen: einzelne Betonpfeiler, die man zur Grenzziehung aufstellte und mit Stacheldraht verband. Diese waren dort noch immer, einige Meter vor der dann später errichteten Betonmauer, stehen geblieben. Aus einem kleinen Dorf jedenfalls kam auch die besagte Brieffreundin. Wir hatten uns auf einer Ferienfreizeit in Schweden kennen gelernt und es stand ihr erster Besuch in Berlin an. Ich hatte lange überlegt, wie ich ihr in den wenigen Tagen „rüber bringen“ könne, was denn Berlin eigentlich so ausmacht und was Mauer bedeutet. So hatte ich u. a. neben dem obligatorischen Besuch in Ost-Berlin einen Besuch in Lübars vorgesehen (weil das ja ach so anders und trotzdem irgendwie Berlin sei). Und so sind wir dann eine halbe Ewigkeit mit dem BVG-Doppeldecker da hoch gezuckelt. In Lübars endlich angekommen, liefen wir über die Felder und Feldwege, die entlang der Mauer verliefen und von der französischen Militärpolizei mit Maschinengewehr bewaffneten Jeeps zu Kontrollfahrten genutzt wurden. Die Felder und Pferdekoppeln reichten bis an die Mauer heran. Das muss für sie – aus der Gegend um Minden kommend – schon eigentümlich genug gewesen sein. Als ich dann aber auch noch begeistert zu schwärmen anfing, dass es hier ja richtige Pferde gäbe und man durch echte Felder laufen könne, schaute sie mich ungläubig an und fragte, warum wir eigentlich diese Weltreise angetreten hätten.
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